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Start des 46. Hausärztinnen- und Hausärztetages in Berlin: Wachsende Alterswelle: 72 % fürchten um ihre ambulante Versorgung / Reformwille in der Bevölkerung groß (62 %) / HÄV fordert: „Wir müssen uns an die großen Reformen wagen“

Berlin, 18. September 2025 – Die Folgen des demografischen Wandels auf unser Gesundheitssystem werden immer spürbarer. Auch viele Bürgerinnen und Bürger sind besorgt um ihre Versorgung in den Praxen (72 Prozent) und wünschen sich entsprechende Maßnahmen: Gut drei von fünf Menschen stimmen zu, dass es grundlegende Reformen braucht – auch, wenn das Umstellungen für die Patientinnen und Patienten bedeutet. Etwa 63 Prozent wären bereit, an einem Hausarztprogramm teilzunehmen, wenn dies zu einer besseren Versorgung führt. Das sind die Ergebnisse einer repräsentativen Civey-Umfrage unter 5.000 Bundesbürgern ab 18 Jahren im Auftrag des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes. Anlass ist der 46. Hausärztinnen- und Hausärztetag, der heute in Berlin startet. Der Befragungszeitraum lag zwischen dem 8. und 10. September 2025.

Die zentralen Ergebnisse der Umfrage sind: 

  • Fast drei Viertel der Menschen machen sich Sorgen, dass die Versorgung in Haus- und Facharztpraxen wegen des demografischen Wandels künftig nicht ausreichend gewährleistet werden kann.

  • Fast drei Viertel der Befragten finden, die Bundesregierung räumt der Sicherstellung der medizinischen Versorgung im Vergleich zu anderen politischen Themen nicht genug Priorität ein. 

  • Gut drei von fünf Menschen stimmen zu, dass grundlegende Reformen nötig sind, um die Gesundheitsversorgung langfristig zu sichern – auch, wenn das Umstellungen für Patientinnen und Patienten bedeutet.

  • Etwa 63 Prozent wären bereit, an einem Hausarztprogramm teilzunehmen und bei allen gesundheitlichen Fragen immer zuerst ihre Hausarztpraxis aufzusuchen, wenn dies zu einer besseren Versorgung führt.

  • Etwa 70 Prozent der Befragten könnten sich vorstellen, einfache medizinische Anliegen wie Erkältungen oder Routinehausbesuche auch von nicht-ärztlichen Fachkräften versorgen zu lassen – wobei der überwiegende Teil davon voraussetzt, dass im Zweifel eine Hausärztin oder ein Hausarzt hinzugezogen werden kann. 

„Im politischen Berlin wird viel über die künftigen Herausforderungen durch den demografischen Wandel diskutiert – doch die konkreten Folgen sind längst spürbar in unseren Praxen. Je älter ein Mensch ist, desto mehr chronische Erkrankungen treten auf, desto mehr Medikamente müssen aufeinander abgestimmt werden, desto mehr Arzttermine fallen an“, so Dr. Markus Beier, Co-Bundesvorsitzender des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes. „Dass wir vor diesem Hintergrund Versorgung neu denken müssen, bleibt auch unseren Patientinnen und Patienten nicht verborgen. Die Menschen in diesem Land erkennen, dass es Veränderungen braucht, und sind bereit für die notwendigen Reformen. Wir müssen uns endlich an die großen Reformen wagen.“

Vor dem Hintergrund der Ergebnisse forderte der Hausärztinnen- und Hausärzteverband die schwarz-rote Koalition auf, den nötigen Reformwillen zu zeigen. „Die erste gute Nachricht ist: Die Politik hat bereits im Koalitionsvertrag den richtigen Weg aufgezeigt, indem sie sich für ein verbindliches Primärarztsystem mit fester Anlaufstelle in Haus- und Kinderarztpraxen ausgesprochen hat. Die zweite gute Nachricht: Das Rad muss nicht neu erfunden werden. Wir haben mit der Hausarztzentrierten Versorgung, auch Hausarztprogramm genannt, bereits alles an der Hand, was wir benötigen – und die Menschen auf unserer Seite“, so Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth, Co-Bundesvorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes. „Gerade ältere, chronisch kranke Menschen können von diesem Versorgungsmodell besonders profitieren. Evaluationen zeigen für Teilnehmende: Weniger medizinische Komplikationen, mehr Impfungen, weniger Krankenhauseinweisungen. Hier gilt es, durch eine gezielte Stärkung anzusetzen.“

Kerstin Petermann, Primary Care Managerin (PCM) in einer Hausarztpraxis in Bamberg, sprach sich angesichts des steigenden Versorgungsdrucks für mehr Delegation in den Praxen aus: „Wir Praxisteams können mit Blick auf die wachsende Zahl älterer Menschen einen enormen Beitrag in der Versorgung leisten – und das wollen wir auch. Immer mehr Medizinische Fachangestellte qualifizieren sich über Fortbildungen gezielt weiter oder schlagen dafür einen akademischen Weg ein, wie etwa zur Primary Care Managerin. Dadurch haben wir die notwendige Erfahrung, um deutlich mehr in den Praxen zu leisten und die Hausärztinnen und Hausärzte noch stärker zu entlasten. Hierfür sind Modelle wie HÄPPI, in denen Patientinnen und Patienten durch ein multiprofessionelles Team in der Hausarztpraxis versorgt werden, essenziell. Sie geben unserer Qualifikation eine Struktur im Praxisablauf und steigern den Wert unserer Arbeit! Und wir sehen in den Praxen: Die Patientinnen und Patienten sind offen dafür!“ 

Der Hausärztinnen- und Hausärztetag wird am 18. und 19. September im DoubleTree by Hilton Berlin Ku'damm stattfinden. Insgesamt circa 120 Delegierte aus ganz Deutschland kommen zusammen, um die aktuellen Themen der Gesundheitspolitik zu erörtern. Neben den Folgen der Alterswelle für die Hausarztpraxen wird es dabei insbesondere um die Etablierung eines verbindlichen Primärarztsystems gehen. Weitere Themen sind etwa die anstehende Notfallreform sowie die aktuellen Entwicklungen bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens. 

Civey hat im Auftrag des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes vom 08. September bis 10. September 2025 online 5.000 Bundesbürgerinnen und Bundesbürger ab 18 Jahren befragt. Die Ergebnisse sind aufgrund von Quotierungen und Gewichtungen repräsentativ unter Berücksichtigung des statistischen Fehlers von 2,7 Prozentpunkten beim jeweiligen Gesamtergebnis.

Alle Ergebnisse der Umfrage und sämtliche Pressemeldungen, Fotos der Veranstaltungen sowie die Beschlussübersicht können unter www.haev.de/pressehaet2025 abgerufen werden.